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Oblivion

Koalition

/   Art   /  Oblivion  /   Artist statement

Das, was wir in unserem Geist bewahren, formt unsere Identität – ohne Erinnerungen ist es schwer zu bestimmen, wer wir wirklich sind. Die Serie „Oblivion“ ist ein Versuch, die Erfahrung des Verlusts eines Teils seiner selbst und das Gefühl einer verschwommenen Existenz visuell einzufangen.

Vor sieben Jahren wurde bei mir ein Hirntumor diagnostiziert, der meine Fähigkeit, mich an die Vergangenheit zu erinnern, langfristig beeinträchtigte. Ich verlor fünfzehn Jahre meines Lebens, und an ihrer Stelle blieben nur Fragmente – flackernde, unvollständige Bilder, die mein Verstand durch Konfabulationen zu rekonstruieren versuchte, indem er Elemente hinzufügte, die nie existiert hatten. Dieses Gefühl lässt sich schwer in Worte fassen, daher drücke ich es durch Bilder aus.

Jedes Porträt zeigt einen anderen Teil einer Person – nichts ist vollständig erkennbar. Was wir sehen, ist nur ein Ausschnitt, ein schwer fassbares Spiegelbild von etwas, das nicht mehr vollständig zugänglich ist.

Das Gesicht, das ich fotografiere, ist nicht mein eigenes – und das ist eine bewusste Entscheidung. Der Verlust der eigenen Identität geht mit einem Gefühl der Entfremdung vom eigenen Körper einher, mit Momenten, in denen das Spiegelbild zu jemand anderem zu gehören scheint. Ich wollte diesen Zustand vermitteln – das Gefühl der Distanz zu sich selbst. Eine andere Person wurde zum Medium meiner Geschichte, denn wenn die Vergangenheit im Geist verblasst, könnten wir genauso gut in einer fremden Haut existieren.

Diese Serie wurde auch von den Erinnerungen an meine Großmutter inspiriert, die an Alzheimer litt. Ich erinnere mich, wie sie vor dem Spiegel stand und sich selbst nicht erkannte – sie wusste nicht, wer die Person war, die sie ansah. Dieses Bild hat sich für immer in mein Bewusstsein eingebrannt und wurde Teil meiner eigenen Suche nach einer Antwort auf die Frage: Was bleibt von einem Menschen, wenn sein Bewusstsein für die Vergangenheit schwindet?

Existieren wir noch, wenn wir keinen Zugang mehr zu unseren eigenen Erinnerungen haben? Und wenn ja, wo – im Herzen, im Geist, in unseren Gesten? „Oblivion“ ist eine Reflexion über eine Existenz, die zwischen dem, was war, und dem, was sich in eine undefinierbare Leere aufgelöst hat, schwebt.

Kamila J Gruss
02.02.2025 Słupsk

Bad Romance

Bad Romance

/   Art   /  Bad Romance  /   Artist statement

Liebe ist nicht immer sanft und zärtlich. Manchmal wird sie zum Wahnsinn, zur Besessenheit, zu einem Ritual, das die Identität verschlingt. „Bad Romance“ erzählt von einer Beziehung, die zur Abhängigkeit wird – hypnotisierend, zerstörerisch, unausweichlich.

Diese Arbeit wurde inspiriert von Lady Gaga und ihrem ikonischen Song „Bad Romance“, in dem Leidenschaft keine märchenhafte Harmonie ist, sondern ein düsteres Spiel aus Dominanz, Verlangen und Zerstörung. Die Perücke, so charakteristisch für ihr Image, wird hier zu mehr als nur einem Accessoire – sie ist ein Symbol für eine Maske, eine Illusion, hinter der sich Leere verbirgt. Das Gesicht verschwindet und hinterlässt nur den Körper – entblößt, dem Blick ausgesetzt, aber seiner Individualität beraubt, als hätte das Gefühl ihm das Wesentlichste genommen.

Schwarz und Weiß verstärken die Dramatik dieser Erzählung – Emotionen balancieren wie Licht und Schatten zwischen Extremen. Es ist die Spannung zwischen Leidenschaft und Kontrollverlust, zwischen Verlangen und dem Auflösen des eigenen Selbst in einer anderen Person.

„Bad Romance“ ist eine Vision der Faszination, die sich jeder Norm entzieht. Es ist die Geschichte eines Verlangens, das blendet, von Fesseln, die verschlingen, und einer Identität, die in diesem Feuer allmählich verblasst.

Kamila J Gruss
02.02.2025 Słupsk

About Love

About Love

/   Art   /  About Love  /   Artist statement

Nach dem tiefen Verlust der Liebe bleibt der Mensch nackt vor seinem eigenen Inneren zurück. Es gibt nur ihn und seinen Körper – zerbrechlich, gebeugt, in sich selbst verschlossen, auf der Suche nach Trost an einem Ort, an dem es keine andere Person mehr gibt.
Dieses Diptychon ist ein Zeugnis einer intimen Reise – der Rückkehr zu sich selbst nach dem Zerbrechen einer Beziehung, nach dem Abschied, nach einer Leere, die sich nicht so leicht füllen lässt. Eine gekrümmte Silhouette, die angespannte Linie des Rückens, eine Hand, die die eigene Haut berührt – Gesten, die sowohl Schmerz als auch die allmähliche Annäherung an die Einsamkeit ausdrücken. In diesen Momenten der Stille, wenn die äußere Welt an Bedeutung verliert, beginnt der Heilungsprozess.
Das Spiel zwischen Licht und Schatten unterstreicht die Zweideutigkeit dieser Erfahrung – Leid vermischt sich mit Trost, Verlust mit Wiederfinden, Leere mit dem langsamen Aufbau einer neuen Nähe – diesmal mit sich selbst.
Es ist eine Erzählung über den Körper als letzten Zufluchtsort der Seele. Ein Zeichen dafür, dass man nach einem Verlust Sanftheit in sich selbst finden kann – im Atem, in der bloßen Präsenz. Denn wahre Geborgenheit entsteht nicht im Außen, sondern in den tiefsten Winkeln des eigenen Seins.

Kamila J Gruss
02.02.2025 Słupsk

Intimate Landscapes

Intimate Landscapes

/   Art   /  Intimate Landscapes  /   Artist statement

„Intimate Landscapes“ zeigt den menschlichen Körper, der auf trockener, lebloser Erde ruht, und verweist auf die uralte Maxime: „Aus Staub bist du gekommen, und zu Staub wirst du zurückkehren.“ Die Erde wird als ursprüngliche Mutter dargestellt – sowohl als Wiege des Lebens als auch als seine letzte Ruhestätte, ein Ort, zu dem wir unweigerlich zurückkehren.

Durch diese Bilder erforsche ich die duale Natur der menschlichen Existenz. Der menschliche Körper wird zu einer Metapher für Vergänglichkeit – wir werden aus der Erde geboren, schöpfen Kraft aus ihr und verschmelzen schließlich wieder mit ihr.

Den Höhepunkt des Zyklus bildet ein Bild, in dem der menschliche Körper aufhört, ein eigenständiges Wesen zu sein – er wird zu Fels, zur Landschaft, zu einem Teil der natürlichen Ordnung. In diesem Moment verschwimmt die Grenze zwischen dem Organischen und dem Unorganischen, und die Vergänglichkeit erhält eine fast kosmische Dimension. Der Körper kehrt nicht nur zur Erde zurück – er wird selbst zur Erde, zu einem zeitlosen Element der Landschaft, einem Zeugnis der zyklischen Natur des Seins, einer Erinnerung an die unausweichliche Rückkehr zur Quelle.

Dieser Zyklus ist eine Reflexion über das unausweichliche Schicksal der menschlichen Existenz, ihre Zerbrechlichkeit und die untrennbare Verbindung zwischen Mensch und Natur – eine Verbindung, aus der wir entstehen und zu der wir unaufhörlich zurückkehren.

Kamila J Gruss

Incomplete

Incomplete

/   Art   /  Incomplete  /   Artist statement

Das Triptychon „Incomplete“ ist eine visuelle Reflexion über menschliche Mängel – jene, die durch Traumata entstehen, und jene, die unsere Identität formen. Die Inspiration für diese Serie stammt aus einem Vortrag von Robert Rutkowski über Menschen, die von einer schwierigen Kindheit geprägt sind – innerlich „unvollständige“ Individuen, die von Instinkten geleitet werden, weil sie nie gelernt haben, ihre Emotionen auf eine gesunde und bewusste Weise zu steuern.

Die Puppe und ihre seitlichen Mutationen dienen als visuelle Metapher für diesen Zustand – für Übergang, Transformation, aber auch für eine Art Gefangenschaft in einer unvollendeten Form. Ich deformiere den Körper, um das zutiefst Menschliche hervorzuheben – seine Struktur, seine Körperlichkeit und zugleich eine verborgene Schönheit, die oft erst bei längerer Betrachtung sichtbar wird.

In einer kosmischen Metapher gesprochen, könnte man sagen, dass diese Fotografien eine Art Rückläufigkeit in der Aktfotografie darstellen – eine scheinbare Umkehrung klassischer Schönheitsideale, eine Darstellung des Körpers in einer „entstellten“, deformierten Weise. Doch je länger wir sie betrachten, desto mehr erkennen wir ihre Harmonie und Ästhetik.

Ein zentraler Bezugspunkt für diese Deformation ist auch Freuds Konzept des Lebenstriebs (Eros). Er treibt uns zur Körperlichkeit, zu einem instinktiven Bedürfnis nach Nähe – selbst wenn es uns an Vernunft, Reflexion und Selbsterkenntnis mangelt. In den drei Bildern, die diesen Zyklus bilden, ist der Körper auf symbolische Weise verzerrt – der untere Teil der Silhouette wird betont, fast tierhaft in seiner Masse und Schwere, während das Fehlen des Kopfes das verlorene Element der Rationalität unterstreicht. Dies ist eine Metapher für Menschen, die von Instinkten geleitet werden, unfähig, sich vollständig zu steuern – unvollständig und doch schön in ihrer Unvollkommenheit. Dies ist eine Erzählung über den Körper, die Seele und das Fehlen – aber auch über Transformation und die Möglichkeit, sich selbst neu zu entdecken.

Kamila J Gruss

Nieuchwytne

Nieuchwytne

/   Art   /  Nieuchwytne  /   Artist statement

Mieczysław Jastrun
Begräbnis

Der Sarg – ein Ofen, Feuer und Staub,
Ein Deckel aus Luft, so klar, so leer,
Und Rauch aus Fleisch, einst warm, einst glaub’,
Entschwand im Schornstein der Zeit – verzehrt.

Wie sollen wir deinen Tod nun ehren,
Wie folgen wir deinem letzten Gang?
Ein Häufchen Asche – ohne Begehren,
Schwebt zwischen Himmel und Erde bang.

Wie legen wir einen grünen Kranz
Auf ein Grab, das nirgends besteht?
Eine Arche, fortgerissen im Glanz
Des Feuers, das der Feind gesät.

Kein Kanonendonner senkt sich sacht,
Kein Sarg in der Erde seinen Raum fand,
Nur eine Säule aus Luft erwacht
Und trägt deinen Tod ins Sonnenland.

Und Stille wächst – gewaltig, schwer,
Wie eine Fahne, vom Krieg zertreten,
Im Rauch, der erstickt, in Schreien umher,
In Stimmen, am Kreuz zum Schweigen getreten.

Kamila J Gruss

Fading Presence

Fading Presence

/   Art   /  Fading Presence  /   Artist statement

„Fading Presence“ erforscht die Zerbrechlichkeit der Wahrnehmung und die flüchtige Natur der Identität. Das Zusammenspiel von Klarheit und Verzerrung regt den Betrachter dazu an, über die Grenzen zwischen dem Sichtbaren und dem Verborgenen nachzudenken. Durch diese Arbeit versuche ich, die vergängliche Essenz der Existenz einzufangen, in der die Präsenz in Mehrdeutigkeit verblasst und unsere Wahrnehmung von Realität und Selbst in Frage stellt.

Kamila J Gruss
02.02.2025 Słupsk

Akt mit Muttermal

Akt mit Muttermal

/   Art   /  Akt mit Muttermal  /   Artist statement

„Akt mit Muttermal“ ist eine Reflexion über die Weiblichkeit – zart und zugleich voller Spannung und innerer Stärke. Es ist der Versuch, eine Schönheit einzufangen, die nicht in Perfektion liegt, sondern in dem, was individuell und einzigartig ist. Das Muttermal, eine subtile Unvollkommenheit auf der Haut, gewinnt hier eine besondere Bedeutung – es betont die Einzigartigkeit und erinnert uns daran, dass Authentizität wertvoller ist als ein Ideal, das nichts weiter als eine leere Illusion bleibt.

Die Inspiration stammt aus den Werken von Andrzej Wróblewski, in denen der menschliche Körper eine Transformation durchläuft – gefangen zwischen Menschlichkeit und Objekt, erstarrt in einer Form, die zwischen Bewegungslosigkeit und emotionaler Spannung schwankt. Diese Beziehung ist auch in meiner Fotografie spürbar – eine in sich geschlossene, zurückgezogene Figur, nach innen gekehrt und doch voller verborgener Energie. Ein Moment der Selbstreflexion, des Zögerns, vielleicht sogar der Akzeptanz.

Ich suche nicht nach Perfektion. Ich halte die Wahrheit fest – roh, ehrlich, frei von Falschheit.

Kamila J Gruss
02.02.2025 Słupsk

The EYE

The EYE

/   Art   /  The EYE  /   Artist statement

„The Eye“ erforscht die Themen Wahrnehmung, Identität und Selbstbewusstsein in einer Welt, die von ständiger Beobachtung geprägt ist. Das menschliche Gesicht – das zentrale Merkmal der Individualität – wird verdeckt, ersetzt durch ein vergrößertes, verzerrtes Auge, als hätte der Akt des Sehens die Essenz des Seins übernommen.

Das Bild wirft Fragen darüber auf, wie wir uns selbst wahrnehmen und wie wir von anderen gesehen werden. Werden wir wirklich erkannt oder nur beobachtet? Offenbart der Blick die Wahrheit oder verzerrt er die Realität? Die fragmentierten Reflexionen im Auge deuten auf eine doppelte Existenz hin – sowohl innerlich als auch äußerlich, zugleich vertraut und fremd.
Der Kontrast zwischen dem tiefroten Kleidungsstück und dem sterilen weißen Hintergrund verstärkt die Spannung zwischen dem Persönlichen und dem Unpersönlichen, zwischen Präsenz und Distanz. In einer Zeit, in der Überwachung, digitale Identitäten und soziale Sichtbarkeit unser Dasein bestimmen, wird „The Eye“ zu einer Reflexion über die fragile Grenze zwischen Sehen und Gesehenwerden.

Kamila J Gruss
02.02.2025 Słupsk